Ethische und sozialverträgliche KI: Wie Unternehmen die Technologie richtig einsetzen können – Handreichungen für die Praxis (Teil 2)

Eine neue Studie zur ethischen und sozial verträglichen KI in Unternehmen zeigt, was Unternehmen bei der Einführung und Nutzung von KI beachten sollten und wie KI und Mensch Hand in Hand gehen können.

Im ersten Teil des Blogbeitrags wurde auf Basis der Studienergebnisse eine Einführung in die Grundlagen der Implementierung von Künstlicher Intelligenz gegeben. Es wurde das Verständnis des Konzepts erörtert und die Unterschiede zur Digitalisierung beleuchtet. Zudem wurden die Besonderheiten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie der strategische Ansatz des MTO-Modells behandelt. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf praktischen Aspekten im Zusammenhang mit der direkten Interaktion von Mitarbeitenden mit KI, der ethischen Gestaltung von Technologien und der Notwendigkeit, eine eigene Abteilung für die Implementierung von Künstlicher Intelligenz zu schaffen.

Mensch-Maschine-Schnittstellen

Eine der größten Herausforderungen bei der Implementierung von KI sind nicht nur ihre technischen Möglichkeiten, sondern auch die Art und Weise, wie Menschen diese Technologie wahrnehmen und nutzen. Viele Mitarbeiter:innen verstehen nicht, wie Algorithmen funktionieren, und begegnen ihnen daher mit Misstrauen. Untersuchungen zeigen, dass die Technologie umso besser in den Arbeitsablauf integriert wird, je klarer die Interaktion zwischen Mensch und KI ist. Es gibt drei Haupttypen von Schnittstellen für die Interaktion mit intelligenten Systemen: Sprachschnittstellen, Text- und Datenverarbeitung sowie Computer Vision.

Eine Umfrage unter 1980 Arbeitnehmer:innen in Deutschland ergab, dass die meisten Menschen bei der Arbeit nur selten mit KI interagieren, wobei die beliebtesten Funktionen die automatische Aufgabenplanung und die Entscheidungsunterstützung sind, während Sprachassistenten und Computer Vision viel weniger genutzt werden, weil die Menschen diesen Technologien nicht vertrauen.

Eine weitere wichtige Frage der Umfrage (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, Juni 2022, Handreichung 6) war: „Haben die Mitarbeiter einen Einfluss auf die Auswahl der Technologien?“

  • Nur 10 % der Mitarbeiter können wählen, welche KI-Systeme sie verwenden.
  • 30 % der Mitarbeiter haben keinen Einfluss auf die Einführung von KI in ihrem Unternehmen.
  • Nur 25 % der Beschäftigten sind aktiv an der Entwicklung neuer Technologien beteiligt.

Das bedeutet, dass sich die meisten Menschen vom Digitalisierungsprozess entfremdet fühlen. Erstaunlich ist auch, dass die meisten Unternehmen derzeit nach dem Top-down-Prinzip entscheiden. Das heißt, die höchsten hierarchischen Kräfte des Unternehmens entscheiden über fast alle Fragen im Zusammenhang mit der KI-Implementierung, während die Untergebenen kaum einbezogen werden. Dies kann negative Folgen haben, wie z. B. mangelndes Vertrauen der Mitarbeiter:innen in KI, Ignorieren echter Arbeitsprozesse, ineffiziente Nutzung von Technologie und zunehmende Entfremdung der Mitarbeiter:innen, da sie das Gefühl haben, keinen Einfluss auf Veränderungen im Unternehmen zu haben. Die Ergebniss der Studie zeigen, dass eine effektive Implementierung von KI nur möglich ist, wenn die Mitarbeiter:innen in allen Phasen – von der Entwicklung bis zur Nutzung – aktiv einbezogen werden.

Doch wie können Mitarbeiter:innen in den KI-Einführungsprozess einbezogen werden?

  • Die Mitarbeiter:innen sollten die Möglichkeit haben, ihre Meinung über die Einführung von Technologien zu äußern.
  • Es lohnt sich, die Bedürfnisse und Probleme zu ermitteln, die KI auf der Grundlage der Meinungen der Mitarbeiter lösen kann.
  • Es ist wichtig zu erklären, wie die Systeme funktionieren, damit sie nicht als „Blackbox“ wahrgenommen werden.
  • Es muss die Möglichkeit gegeben werden, die Ergebnisse der KI-Arbeit zu überprüfen und zu kontrollieren.
  • Führen Sie Schulungen und Seminare durch.
  • Beginnen Sie mit Pilotprojekten, um die Wirksamkeit der KI unter realen Bedingungen zu bewerten.
  • Geben Sie den Mitarbeitern die Möglichkeit, das System zu testen und Verbesserungsvorschläge zu machen.

Gleichzeitig sollte darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter nicht überlastet werden, d. h., die Automatisierung sollte nicht durch ständige Überwachung oder neue komplexe Anforderungen zusätzlichen Stress für die Mitarbeiter verursachen.

Wie kann die Implementierung von KI human gestaltet werden?

Die Europäische Kommission hat ethische Leitlinien für vertrauenswürdige KI entwickelt, die die folgenden Schlüsselaspekte beinhalten:

  • Respekt für demokratische Werte.
  • Der Mensch sollte die Kontrolle über die KI behalten, d.h. Entscheidungen sollten unter menschlicher Aufsicht bleiben.
  • Algorithmen sollten transparent, verständlich und erklärbar sein.
  • Sicherheit und Zuverlässigkeit – KI sollte vor Manipulation und Fehlern geschützt werden.
  • Fairness und Nicht-Diskriminierung – Algorithmen sollten keine versteckten Vorurteile haben.
  • KI sollte positive Auswirkungen auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft haben und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Wie kann die Implementierung von KI human gestaltet werden?

Viele Unternehmen sind von der rasanten Entwicklung der Technologie und der Notwendigkeit, sie in Routineaufgaben zu implementieren, möglicherweise überfordert. Um dieses Problem anzugehen, wurden im Rahmen des Forschungsprojekts „Ethische und sozial verträgliche KI in Unternehmen“ mehrere Workshops mit Unternehmen aus Baden-Württemberg abgehalten, um die wichtigsten Fragen zu klären.

In diesen Workshops wurde diskutiert, ob es einen einzigen richtigen Ansatz für die Implementierung von KI in KMU gibt. Die Schlussfolgerung war nein, da jedes Unternehmen seine eigenen Besonderheiten hat. Um die richtige Entscheidung zur Implementierung zu treffen, ist es, wie bereits beschrieben, notwendig, den Ist-Zustand zu erfassen, realistische Erwartungen zu wecken und Versuchsprojekte unter Einbeziehung der Mitarbeiter durchzuführen.

Was erwarten die Unternehmen von KI?

Die Unternehmen, die an den Workshops teilgenommen haben, haben ihre größten Hoffnungen und Befürchtungen in Bezug auf KI dargelegt:

Best Case:

  • Optimierung der Arbeitsabläufe.
  • Effizientere Nutzung von Daten.
  • Reduktion von Routinearbeiten.

Worst Case:

  • Übermäßige Abhängigkeit von KI.
  • Undurchsichtigkeit der Algorithmen.
  • Verlust von Arbeitsplätzen.

Viele Unternehmen befürchten, dass Algorithmen mehr Vertrauen geschenkt wird als Menschen, auch wenn sie sich irren könnten. Es ist wichtig, dass KI ein Werkzeug bleibt und nicht die menschliche Entscheidungsfindung ersetzt.

Wie schätzen die Unternehmen ihre Bereitschaft für KI ein?

Im Rahmen der Studie bewerteten sich die Unternehmen in der Umfrage nach mehreren Kriterien: Erfahrung, Umgang mit Veränderungen und Auswirkungen der KI auf das Geschäft. Gleichzeitig betrachten sich viele Unternehmen als Neulinge in diesem Bereich, die zwar das Potenzial der Künstlichen Intelligenz verstehen, aber nicht wissen, wie sie es umsetzen sollen. Insgesamt sind die Unternehmen optimistisch, was KI angeht, aber es fehlt ihnen an einer klaren Umsetzungsstrategie.

Sollten Unternehmen eine eigene KI-Abteilung einrichten?

Ein:e KI-Manager:in kann den Umsetzungsprozess erheblich verbessern. Einige Unternehmen haben bereits die Stelle eines KI-Koordinators geschaffen, der die Entwicklung der Technologien überwacht und die Mitarbeiter:innen bei der Anpassung an die Veränderungen unterstützt.

Die Hauptaufgaben eines solchen Managers sind folgende:

  • Koordinierung von Pilotprojekten.
  • Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung.
  • Interaktion mit den Mitarbeitern, um ihre Bedürfnisse zu verstehen.
  • Kontrolle über die ethischen Aspekte der KI-Implementierung.

Insgesamt sollte man sich bewusst machen, dass Künstliche Intelligenz kein Allheilmittel ist, das alle Unternehmensprobleme löst. Vielmehr ist ihre Einführung oft anders als ursprünglich erwartet. Trotz des rasanten technologischen Fortschritts bleibt der Mensch weiterhin im Zentrum aller Prozesse und trägt die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen. Aus diesem Grunde ist ein ethisch korrektes Vorgehen im Umgang mit KI von ebenso großer Wichtigkeit wie technisches Fachwissen.

Die Benennung von verantwortlichen Personen für die Einführung und Weiterentwicklung von KI im Unternehmen kann die Koordination deutlich erleichtern und die Effizienz insgesamt steigern. Es ist von entscheidender Bedeutung, für Transparenz zu sorgen, die vereinbarten Rahmenbedingungen einzuhalten und allen Beteiligten vollständige Informationen zur Verfügung zu stellen.

Die dargelegten Inhalte basieren auf der Studie „Ethische und sozial verträgliche KI in Unternehmen“, die vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert wurde.