Wie gelingt der verantwortungsvolle und praxisnahe Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie in der öffentlichen Verwaltung? Dieser Frage widmete sich der erste IBK-Fokus-Workshop im Rahmen des IBK-Leitprojekts „Digitalisierungsinitiative Bodensee“ am 26. März 2025. Vertreter:innen aus allen zehn Teilregionen der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) präsentierten konkrete Ansätze, Bildungsangebote und Unterstützungsformate für einen wertschöpfenden KI-Einsatz. Vier ausgewählte Beispiele zeigen, wie vielfältig – und zugleich synergetisch – KI in der internationalen Bodenseeregion gedacht und umgesetzt wird.
Liechtenstein: Der Digitalscheck als Einstieg in die KI-Welt
In Liechtenstein ist der „Digitalscheck“ ein gezieltes Förderinstrument, das Unternehmen bei der digitalen Transformation unterstützt. Besonders KMU stehen oft vor der Herausforderung, Potenziale von KI zu identifizieren, betriebsinternes Know-how aufzubauen und technische Lösungen sinnvoll zu integrieren. Der Digitalscheck adressiert genau diese Problemstellungen:
- Zu Beginn steht eine Bewertung des Digitalisierungsgrads.
- Anschließend begleiten erfahrene Mentor:innen die Entwicklung eines Digitalprojekts – etwa zur Automatisierung von Dokumentenprozessen mithilfe von KI.
- IT-Partner mit relevanten Referenzprojekten werden frühzeitig eingebunden, und durch Feedbackschleifen wird die Umsetzung kontinuierlich begleitet.
Ergänzt wird das Programm durch branchenspezifische Workshops und Trainingsangebote. Die enge Kooperation mit Akteuren wie „Digital Liechtenstein“ oder Branchenverbänden sichert dabei die Praxisnähe.
Fazit
Der Digitalscheck zeigt, wie KMU mit strukturierter Unterstützung niedrigschwellig, aber zielgerichtet in KI-Projekte einsteigen können – mit Fokus auf Umsetzbarkeit und betrieblichen Mehrwert.
Kanton Zürich: Lernpfade und KI-Sandbox für Verwaltung und Wirtschaft
Im Kanton Zürich wird der Kompetenzaufbau im Bereich KI mit strukturierten Bildungsformaten gefördert. Das Projekt „Lernpfad KI“ ist ein modular aufgebautes Schulungsformat für Verwaltungsmitarbeitende. Es vermittelt Grundlagenwissen, beleuchtet ethische und rechtliche Aspekte und ermöglicht erste Anwendungen in einem geschützten Rahmen.
Ergänzend wurde die KI-Sandbox präsentiert: eine kontrollierte Testumgebung, in der Verwaltung, Forschung und Wirtschaft gemeinsam KI-Projekte entwickeln können. Ziel ist es, reale Anwendungsfälle zu erproben, interdisziplinär zu arbeiten und regulatorische Fragen frühzeitig zu adressieren. Die Sandbox ist in eine Trägerschaft eingebettet, die Akteure aus Verwaltung, Forschung und Privatwirtschaft vereint.
Fazit
Die Zürcher Kombination aus strukturiertem Wissenstransfer und experimenteller Praxisumgebung gilt als beispielhaft für eine ganzheitliche Einführung von KI in Verwaltung und Wirtschaft.
Vorarlberg: Bildung und Pilotprojekte als Motor für die Digitalisierung
Vorarlberg verfolgt eine Digitalstrategie, bei der regionale Bildungs- und Innovationsakteure in einem engen Netzwerk zusammenarbeiten. Ein zentrales Element ist der Digital Innovation Hub West (DIH West), der KMU den Zugang zu Forschung, Infrastruktur und Expert:innen erleichtert. 17 Partner – darunter Hochschulen, Wirtschaftskammern und Standortagenturen – bieten Weiterbildungen, individuelle Beratung und Formate wie den „KI-Business-Afterwork“ an.
Ergänzt wird dieses Netzwerk durch den Digital Campus Vorarlberg, der sich seit Kurzem unter dem Label „KI-Campus“ auch mit KI-Themen befasst. Das Angebot umfasst berufliche Weiterbildung in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz und richtet sich an Fachkräfte aus Industrie, Verwaltung und Bildung.
Politisch ist das Vorhaben fest verankert: Das Arbeitsprogramm 2024–2029 der Landesregierung setzt auf die Förderung von MINT-Kompetenzen und unterstützt z. B. die Einführung von KI-Pilotschulen. Auch die Strategie „Wissenschaft und Forschung 2030+“ verweist auf die Rolle von KI in der digitalen und ökologischen Transformation.
Parallel dazu entsteht ein spezifisches Bildungsprogramm für Mitarbeitende in der Landesverwaltung und in Gemeinden, das u. a. das Seminar „KI im Büroalltag“ beinhaltet.
Fazit
Vorarlberg zeigt, wie eng Bildung, Wirtschaftsförderung und öffentliche Hand zusammenspielen können, um KI nachhaltig in die Region zu integrieren.
Bayern: Azubis als KI-Pionier:innen in Unternehmen
Ein besonders innovativer Ansatz kommt aus Augsburg: Die Universität Augsburg und die IHK Schwaben entwickelten gemeinsam ein KI-Zusatzzertifikat für Auszubildende. Ziel ist es, junge Menschen bereits in der Ausbildung zu befähigen, KI-Anwendungen zu verstehen, kritisch zu reflektieren und eigene Mini-Projekte umzusetzen.
Das Programm basiert auf einem Blended-Learning-Ansatz mit digitalen Selbstlernmodulen und zwei Praxistagen in der KI-Lernumgebung „Halle 43“. Inhalte wie Maschinelles Lernen, Objekterkennung oder GenAI werden anhand konkreter Produktionsbezüge greifbar gemacht. Zwischen den Praxistagen entwickeln die Teilnehmer:innen ein eigenes KI-Projekt.
Auch Ausbilder:innen werden in Workshops geschult, um das Thema langfristig in der betrieblichen Ausbildung zu verankern. Die Bilanz ist beeindruckend:
- 193 Azubis haben das Zertifikat erfolgreich abgeschlossen,
- 96 Unternehmen sind beteiligt,
- bis Mitte 2025 sind über 180 Anmeldungen registriert.
Fazit
Mit dem KI-Zertifikat für Auszubildende wird der Nachwuchs frühzeitig in die Digitalisierung eingebunden – nicht als Konsument:in, sondern als aktiver Teil der Veränderung.
Grenzüberschreitender Wissenstransfer als Katalysator für Zukunftskompetenzen
Der IBK-Fokus-Workshop hat deutlich gemacht: Die Digitalisierung in KMU und in der öffentlichen Verwaltung kann gelingen – wenn sie an lokale Gegebenheiten angepasst, interdisziplinär gedacht und strategisch begleitet wird. Die vorgestellten Praxisbeispiele aus Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und Deutschland zeigen, wie vielfältig der Weg in die KI-Welt sein kann – und wie wichtig regionale Strukturen und Netzwerke dabei sind.
Mit dem kontinuierlichen Austausch im Rahmen der Digitalisierungsinitiative Bodensee wird der grenzüberschreitende Wissenstransfer zur treibenden Kraft einer digitalen Zukunft im Vierländereck.